Trotz der angespannten Bewertungen profitieren europäische Anleihen weiterhin von soliden Fundamentaldaten. Bleibt diese Anlageklasse in einem Umfeld, das von weltwirtschaftlichen Unsicherheiten und unerwarteten Marktbewegungen geprägt ist, attraktiv? Analyse und Ausblick.

Seit dem drastischen Anstieg der Zinssätze im Jahr 2022 haben sich die Kreditspreads (zusätzliche Prämien, die von privaten Emittenten geboten werden, um das Risiko gegenüber den Staatsanleihen auszugleichen) seit ihrem Höchststand im Oktober 2022 fast kontinuierlich verengt. Dieser Rückgang zeigt zum einen, dass sich die Kreditqualität der Emittenten verbessert hat, dass das Vertrauen in die Konjunktur gestiegen ist und eine Rezession letztlich vermieden werden konnte, und zum anderen, dass eine Anlageklasse mit einem attraktiven risikobereinigten Renditeprofil interessant ist, die ihre Inhaber seit 2022 großzügig belohnt hat.

Die Spreads, die seit 2022 gegen fast alle Ereignisse an den Finanzmärkten immun waren, reagierten wie alle risikobehafteten Anlagen sehr negativ auf die von Donald Trump am 2. April angekündigten "Tariffs". In weniger als einer Woche: +21 Bp Spreadspreizung bei Investment Grade (Anstieg der Risikoprämie um 25%) und mehr als 50 Bp bei High Yield Spreads (Anstieg der Risikoprämie um 37%).

Quelle: Mandarine Gestion. (*) Perzentil = % der täglichen Beobachtungen, die niedriger sind (Spread oder Rendite) als die Beobachtung des Tages seit 2009.

Läuten die jüngsten Entwicklungen das Ende einer goldenen Zeitspanne ein, um Platz für steigende Ausfallrisiken zu machen, oder sind sie ein attraktiver Einstiegspunkt?

Bewertungen sind historisch hoch

Wenn man die frühen 2000er Jahre außer Acht lässt, als die Kreditaufschläge aufgrund des Booms von Instrumenten mit hoher Hebelwirkung künstlich eingeengt wurden, gab es nur wenige Zeiträume, in denen die Spreads niedriger waren als zu Beginn des Jahres 2025, das sie mit 100 Bp gegen Staatsanleihen begannen. Zwischen 2009 und 2025 lagen diese Investment-Grade-Kreditaufschläge nur in 20% der täglichen Feststellungen unter 100 Bp. Bei einer historischen Analyse sind die Spreads also eng und unattraktiv. Die Spreadausweitung nach dem 2. April macht die Sache weniger hart und bringt die Spreads wieder näher an ihren langfristigen Durchschnitt (rund 120 Bp. gegen Staatsanleihen), d.h. in ein Perzentil von 40% am 7. April.

Im Einklang mit sich verbessernden Fundamentaldaten

Betrachtet man derzeit die durchschnittliche Rentabilität der europäischen Emittenten, ob Investment Grade oder High Yield, und ihre Fähigkeit, ihre Schulden mittelfristig zu bedienen, scheinen die jüngsten Bewertungen eher gerechtfertigt zu sein. Die Covid-Jahre mit extrem niedrigen Zinsen haben es den Emittenten ermöglicht, sich zu niedrigen Kosten und langfristig zu refinanzieren. Die Verschuldungs- und Zinsdeckungsquoten sind daher in Europa recht gut und lassen nicht erwarten, dass die Ausfallraten in Europa in den nächsten zwei Jahren sprunghaft ansteigen werden, zumal das im März angekündigte deutsche Konjunkturprogramm neue Investitionen und damit eher eine neue staatliche Unterstützung für den Privatsektor erwarten lässt, was insgesamt einen weiteren positiven Katalysator für die Spreads in den nächsten Jahren darstellt. Unternehmen des alten Kontinents haben ein weniger verschuldetes und widerstandsfähigeres Profil, das an die niedrigen Wachstumsniveaus angepasst ist, die für diesen Wirtschaftsraum seit mehreren Jahren charakteristisch sind.

In den USA ist die Situation anders. Die Fundamentaldaten der Unternehmen sind ebenfalls gut und die Wachstumsraten begünstigen einen stärkeren Einsatz von Fremdkapital. Die Unternehmen sind im Durchschnitt höher verschuldet, wodurch sie anfälliger für Konjunkturabschwünge sind.

Eine attraktive Anlageklasse

Enge Kreditspreads lassen sich zwar mit gesunden Fundamentaldaten erklären, sind aber nicht gleichbedeutend mit der Aufgabe der Rentabilität. Um die "nackte" Feststellung, dass die Kreditprämie teuer ist, zu relativieren, betrachten wir stattdessen die Gesamtrendite von Kreditanleihen heute, d.h. unter Einbeziehung der Staatszinskomponente. Der Befund ist dann schmeichelhaft. In den letzten 15 Jahren lag die Rendite von Unternehmensanleihen nur in einem Drittel der Zeit über der aktuellen Rendite. Die Anleger waren also selten so sehr durch die aktuelle Carry-Trade-Rate von Kreditanleihen geschützt: Bei einer Anlage mit einer Laufzeit von einem Jahr muss man mehr als 60 Bp. von den Investment-Grade-Kreditprämien abweichen, bevor man eine negative Performance erzielt, ohne dabei mögliche Rückgänge der Staatszinsen zu berücksichtigen, die die absolute Performance dieses Segments erhöhen könnten. Dieser letzte Punkt ist heute angesichts der großen Wachstumsunsicherheit, die die Zentralbanken zu weiteren Zinssenkungen zwingen könnte, von entscheidender Bedeutung. In einem Umfeld erhöhter Volatilität an den Märkten bieten Anleihen, insbesondere im Unternehmensbereich, einen wertvollen Performancepuffer.

Quelle: Mandarine Gestion. (*) Perzentil = % der täglichen Beobachtungen, die niedriger sind (Spread oder Rendite) als die Beobachtung des Tages seit 2009.

Stellt der angekündigte Sturm die Stärken europäischer Anleihen in Frage?

Die von der Trump-Regierung verhängten neuen Zölle werden sich unserer Ansicht nach stärker auf das US-Wachstum als auf das europäische Wachstum auswirken. Die Finanzprofile der stärker verschuldeten Unternehmen in Verbindung mit weniger Wachstum werden in den kommenden Monaten eine Anhebung der Ausfallprognosen rechtfertigen. Dies bedeutet, dass die US-Kreditspreads mit einem höheren Risikoaufschlag versehen werden müssen, was sich letztendlich auch auf die europäischen Spreads auswirken wird.

Im Gegensatz zu dem, was man zu Beginn des Jahres annehmen konnte, als man ein schwaches Wachstum für Europa und eine mögliche Verschlechterung der Fundamentaldaten für die Unternehmen erwartete, geht das Hauptrisiko für die europäische Kreditvergabe letztlich also doch von den USA aus.

Doch die Attraktivität bleibt: Während die Geldmarktrenditen voraussichtlich weiter sinken werden und die Aktienmärkte nach einem sehr positiven Jahresbeginn in Europa wieder zu einem Regime hoher Volatilität zurückgekehrt sind, bleiben Anleihemärkte in Bezug auf Rendite und Risiko weiterhin hoch attraktiv. Der Mangel an gleichwertigen Alternativen, der die Anlageklasse bislang gestützt hat, dürfte anhalten, und die Zuflüsse dürften die neuen Primäremissionen absorbieren können.

Wir bevorzugen weiterhin europäische Investment-Grade-Anleihen, wobei wir möglicherweise einige Diversifizierungen in Emittenten mit den besten Ratings im High-Yield-Bereich anstreben.

Sofern es zum Jahresende nicht zu einer sehr starken Rezession in den USA kommt, die wir derzeit nur als alternatives Risikoszenario zu unserem Hauptszenario eines geordneteren Konjunkturabschwungs betrachten, dürfte das Segment unserer Ansicht nach in diesem Jahr noch eine positive Performance bieten, die über der Geldmarktentwicklung liegt, bei einer Volatilität, die trotz allem unter 5% pro Jahr bleiben dürfte.

Fertiggestellt am 09.04.2025.

Sind europäische Unternehmensanleihen in Gefahr?

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